Und es begab sich… 

Es war der späte Dezember im schwierigen Jahr 2020, der Abend dämmerte, und das vorweihnachtliche Wien kuschelte sich unter eine fluffige Schneedecke, die im Mondlicht glitzerte, als hätte jemand im Vorbeigehen mit vollen Händen Diamanten verstreut.Das war wunderschöner Anblick, nur leider, leider: Niemand hat´s gesehen. Keine Menschenseele weit und breit. Die einzige Fußspur im Schnee stammte von einem streunenden Kater, der sich längst wieder ins Warme getrollt hatte. Auf kahlen Ästen fröstelten Eichkatzerln. Krähen räusperten sich diskret. Ampeln sprangen gelangweilt von Rot auf Gelb und Grün und wieder zurück und warteten vergeblich auf Autos. Stiller war die Stille Nacht noch nie gewesen, seit Städte erfunden wurden.
Mitten in der Stille hat es dann geblitzt. Gleich zweimal, und im Blitzlicht sah man einen dicken roten Schlitten an der Spinnerin am Kreuz vorbeirasen. Bitte, das ist nicht bildlich gemeint, sondern wörtlich: Ein Schlitten, gezogen von acht ranken Rentieren, gesteuert von einem rot gekleideten älteren Herren mit bauschigem weißem Bart im Gesicht und noch bauschigerem Übergewicht an den Hüften. An seiner Seite saß ein schmales, blondes, für die Jahreszeit eindeutig zu leicht gekleidetes Mäderl, aus dessen Haar der Fahrtwind Wölkchen von Sternenstaub blies.
Den Herrn Revierinspektor F. hätte das alles beinahe die Karriere gekostet. Steif und fest hat er behauptet, dass er den Weihnachtsmann und das Christkind mit einem satten Hunderter über den Wienerberg tschundern gesehen hat. Noch ärger: Hat er das doch wirklich ins Protokoll geschrieben! Als man ihm dann das Radarfoto zeigte, auf dem nichts, gar nichts, überhaupt nichts zu sehen war, nur frischer, unverspurter Schnee, wurde er sehr laut. Und seine Vorgesetzten haben ihn danach eine ziemliche Zeit lang diskret von jedem Stress ferngehalten.

***

„Claus!“ rief das Christkind. „Musst du so rasen?“ – „HohohoHOOOO! Einmal menschenleere Straßen! Einmal kein Stau! Da muss man doch einfach HOHOHOOO!“Das Christkind zog ein Schnoferl, aber der Claus hatte ja Recht: Wien träumte im Lockdown vor sich hin. Keine Maronibrater. Keine Punschstände. Keine Christkindlmärkte. Keine Scharen von Menschen, die mit Sackerln und Packerln von A nach B hetzten. Tote Hose. Einerseits.

Andererseits schien hinter so vielen Fenstern warmes Licht auf Menschen, die gerade draufkamen, wie kostbar wirkliche Nähe ist, wie sehr einem liebe Menschen fehlen können, und dass auch die beste Zoom-Verbindung keine Umarmung ersetzt.
„Fahr rechts ran, Claus. Jetzt!“ sagte das Christkind. Als sie angehalten hatten, waren beide eine Minute lang still. Dann räusperte sich der große, dicke rote Mann, schüttelte den Kopf und sagte leise: „Das ist alles so… so…“ – „Wie früher?“ – „Wie ganz viel früher, ja. Ich hatte schon ganz vergessen, wie…“ – „Ja. Ich auch. Kein Wunder bei dem Stress. In den Packerl-Stationen immer ein Logistikengerl, ein Babyelefant, ein Logistikengerl, ein Babyelefant. Der extra Papierkrieg, jede Woche ein Test, alle eine Maske auf, als wär Fasching. Wir haben nicht mehr gewusst, wo uns der Kopf steht.“ – „Und ganz vergessen, worum es wirklich geht. Hoho.“„Aber jetzt erinnern wir uns, hm? Und was machen wir daraus?“ Das Christkind schnippte geistesabwesend ein Körnchen Sternstaub von seinem Hemdchen.
„Das Beste natürlich! Hohoho!“ Der Weihnachtsmann war ausgestiegen und fütterte die Rentiere mit Windbäckerei. Dann hielt er inne. „Aber was IST das Beste?“
Einen Moment war es ziemlich finster auf der langen Straße. Aber dann ging ein wunderschönes Licht auf und das Christkind strahlte wie ein – naja, dafür gibt es eigentlich keine Worte. „Das Beste, Claus, das ist ganz einfach. Komm mit, wir fliegen eine Runde.“

***

Wer in jener Nacht hinauf in den Himmel schaute, staunte nicht schlecht: Unter einem etwas abgemagerten Mond kreiste ein dicker Schlitten über Wien und verstreute glitzernden Sternenstaub in riesigen Wolken über der Stadt. Aber wer schaute denn schon hinauf in den Himmel? Richtig: niemand. Lockdown, weißt eh. Und saukalt war es noch dazu.
Aber spurlos ging das Spektakel trotzdem nicht an der Wienerstadt vorbei. Denn was das Christkind da mit vollen Händen über allen 23 Bezirken verstreute, war eine rare und besonders kostbare Sternstaubmischung aus sechs Gewichtsteilen Liebe, drei Gewichtsteilen Hoffnung und einem Teil geheimer Spezialmischung, von der gemunkelt wird, dass sie neben Bergen von Rücksicht und Vorsicht auch noch ziemlich viel Mut und gesunden Optimismus enthält.
Diese Luxusmischung rieselte auf Wien herunter, ein bisserl glitzernd, aber das war leicht zu übersehen, und außerdem geruchlos, geschmacklos, aber keines falls wirkungslos: Wer dabei war, hat noch Jahre später erzählt, dass man sich an jenem Abend nach so langer Zeit auf einmal wieder spürte. Dass man das Gefühl hatte, innen und außen öffneten sich schwere, lang versperrte Türen und alles würde hoch und weit. Dass man dringend die ganze Welt umarmen wollte, und vor allem alle Herzensmenschen. Dass man ohne äußeren Anlass einfach wusste, nächstes Jahr wird alles besser. Und dass es wahrscheinlich genau deshalb dann genau so gekommen ist.
„HohohoHO!“ rief der Weihnachtsmann gegen den sausenden Fahrtwind. „Übertreib es ja nicht mit dem Optimismus-Sternstaub! Die Leute werden sonst gleich wieder übermütig. Zu so viel Optimismus gibts keinen Grund.“
Das Christkind lächelte still, während es die letzten Schauferln Sternstaub über Simmering verstreute und die Reste aus dem Sack beutelte. „Doch, Claus. Grund gibt´s jetzt genug.“ Und noch bevor das letzte Körnchen Sternstaub herabgerieselt war, ließ irgendwo in Wien ein fröstelnder LKW-Fahrer die Laderampe herab und lud die erste Palette Covid-Impfstoff aus.

Koschier IT-Outsourcing grüßt Sie sozial distanziert, aber voller Liebe und Hoffnungund wünscht nach Feiertagen voller Wunder ein Neues Jahrvoll spürbarer Fortschritte und a propos Liebe und Hoffnung:
Natürlich haben wir auch heuer unser Weihnachtsgeschenke-Budgetwieder für karitative Zwecke aufgebraucht:

NF Kinder – Hilfe für Neurofibromatose-PatientInnen und Angehörige Österreich

Caritas Wien – Gruft Winterpaket 
Toni Koschier www.koschier.at
Story by derlynn